Pflegeimmobilien gehören als Sonderimmobilien zu dem großen Feld der Immobilien aus dem Gesundheits- und Sozialbereich, auch Sozialimmobilien genannt. Die Sozialimmobilien haben sich in den vergangenen Jahren als eigene Assetklasse zunehmend etabliert und sind folglich in den Fokus vor allem institutioneller Investoren zur Kapitalanlage gerückt. Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich daher mit der Bewertung von Pflegeimmobilien aus Sicht eines Sachverständigen.
Welche Arten von Sozialimmobilien gibt es?
Der Begriff Sozialimmobilien ist keineswegs abschließend und fest definiert und umfasst u.a.:
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- Alten- und Pflegeheime
- Rehabilitationseinrichtungen
- Krankenhäuser
- Flüchtlingsunterkünfte
Dieser Beitrag beschäftigt sich im Folgenden im Schwerpunkt mit Pflegeheim-Immobilien und Rehabilitationseinrichtungen.
Alten- und Pflegeheime
Traditionell kennt man folgende Heimtypen:
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- Altenwohnheim
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- Altenheim
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- Pflegeheim
Viele Einrichtungen unterscheiden heute nicht mehr nach dem Grad der Pflegestufe, sondern stellen eine Kombination aus den Heimtypen dar. Eine spezialisierte Betreuung für Schwerstkranke und Sterbende stellen die Hospize dar.
Rehabilitationseinrichtungen
Zu den Rehabilitationseinrichtungen gehören insbesondere Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation (beispielsweise Reha-Kliniken) und Einrichtungen zur beruflichen Rehabilitation.
Bei den sogenannten Leistungen zur Teilhabe ist aber auch an Einrichtungen zur Begleitung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und sozialen Einschränkungen zu denken, teilweise verbunden mit Wohnmöglichkeiten sowie Arbeits- und Bildungsangeboten.
Besondere Wertfaktoren
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- Qualität des Betreibers (die Bewertung für Pflegeheime nach Schulnotensystem wurde 2019 durch eine neue Qualitätsprüfung ersetzt; wer hierzu mehr wissen möchte sei z.B. auf einen Beitrag der Verbraucherzentrale NRW vom 07.07.2022 verwiesen)
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- der Bedarf und Wettbewerb im Einzugsgebiet der Einrichtung
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- die Ertragskraft der Einrichtung und damit verbunden die betriebliche Konzeption
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- die Qualität und der Unterhaltungszustand der Baulichkeiten
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- die Einhaltung gesetzlicher (baulicher) Vorgaben (z.B. Raumgröße, barrierefreies Bauen)
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- die Einhaltung der Vorgaben des Brandschutzes
Prüfumfang S&M bei der Bewertung von Pflegeimmobilien
S&M verifiziert bzw. prüft – soweit tatsächlich möglich – diese Wertfaktoren!
Im Rahmen unserer Gutachten prüfen wir uns u.a. den Zustand der Gebäudetechnik und die Einhaltung der Vorgaben des Brandschutzes (baulich – technisch – organisatorisch) an. Insbesondere bei den Themen Bauliche Vorgaben und Brandschutz haben wir in den vergangenen 30 Jahren manch unangenehme Überraschung erlebt, die den Wert einer Immobilie negativ beeinflusst haben.
Das wirtschaftliche Konzept wird u.a. anhand der Dokumentation gegenüber den Leistungsträgern und Betriebswirtschaftliche Auswertungen des Betriebes.
Wahl des Wertermittlungsverfahrens
Grundsätzlich gelten für die Ermittlung des Verkehrswerts von Sozialimmobilien die klassischen Wertermittlungsverfahren. In der Praxis erfolgt aber deren Bewertung regelmäßig nach dem Ertragswertverfahren, da sich der Verkehrswert (Marktwert) vornehmlich durch die Rendite definiert. Entscheidend sind somit die Gewinne und Verluste des Betriebes der letzten drei bis fünf Jahre sowie einer Einschätzung der künftigen Leistungsfähigkeit.
Umsatz / Entgelte
Den Hauptbestandteil des Umsatzes eines Altenpflegeheims bilden die laut Versorgungsvertrag zwischen Betreiber und Leistungsträgern (Pflegekassen, Träger der Sozialhilfe) verhandelten Heimentgelte. Diese Heimentgelte setzen sich wie folgt zusammen:
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- Pflege
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- Unterkunft & Verpflegung
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- Investitionskosten
Mit der Reform zum 1. Januar 2017 haben Pflegegrad 1, Pflegegrad 2, Pflegegrad 3, Pflegegrad 4 und Pflegegrad 5 das bisherige System der Pflegestufen abgelöst. Die Pflegegrade entscheiden, welche Zuschüsse Versicherte durch ihre Pflegekasse erhalten. Mit zunehmender Bedürftigkeit steigt die Höhe der Geld- und Sachleistungen.
Hinzu kommt die Pflegeheim-Zuzahlung für Unterkunft und Verpflegung also der Teil der Heimkosten, den Pflegebedürftigen oder Angehörigen zu tragen ist. Im Internet finden sich hierzu verschiedene Kostenrechner, z.B. unter Pflege.de.
Nach unseren Erfahrungen aus über 30 Jahren sind die vorhandenen Controllingsysteme oft unzureichend und bilden z.B. die Effekte durch den Austausch von Bewohnern mit höheren Pflegegraden (Rothgang-Effekt) und insbesondere die die Immobile betreffenden Investitionskosten nicht präzise ab.
Pachtwertverfahren
Wie bereits ausgeführt, wird bei der Bewertung regelmäßig auf das Ertragswertverfahren zurückgegriffen, allerdings in einer modifizierten Version, die auch als Pachtwertverfahren bekannt ist. Der Grundstücksreinertrag wird hier nicht aus den üblichen Mieten, sondern als Prozentsatz des Jahresumsatzes ausgedrückt, der sich aus den Heimentgelten ermittelt.
Da der Pflegekostenanteil mit dem Pflegegrad variiert, ist der Umsatz des Altenpflegeheimes davon abhängig, welchen Pflegegraden die Bewohner jeweils zugeordnet werden können – sog. Fallmix – sowie vom Auslastungsgrad. Fallmix und Auslastungsgrad des Altenpflegeheims können sich kurzfristig ändern.
Bewertung auf Basis von Investitionskostenumlagen
Die Bestandteile des Heimentgeltes für Pflege und U+V dürfen nicht für artfremde Leistungen verwandt werden (also auch nicht für die Miete/Pacht oder die Instandhaltung). Lediglich die Investitionskostenumlage – die von den Bewohnern zu zahlen ist – darf zur Deckung der Investitionskosten verwendet werden, zu den auch Miete/Pacht und Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten gehören.
Da die Investitionskostenumlagen für alle Pflegegrade konstant sind, muss kein Fallmix prognostiziert werden. Werden – z.B. von Selbstzahlern und Sozialhilfeempfängern – unterschiedliche Investitionskostenumlagen erhoben, so ist der Anteil der Sozialhilfeempfänger einzuschätzen. Die Investitionskostenumlage stellt die Obergrenze für eine Pacht dar.
Fazit:
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- Ob es dem Träger der Einrichtung wirtschaftlich gut geht, ist für den Sachverständigen bei der Bewertung von Pflegeimmobilien oft nicht oder nur schwer zu durchschauen und hängt maßgeblich davon ab, inwieweit der Betreiber über ein funktionierendes Controlling als Grundlage für die Pflegesatzverhandlungen mit den Kostenträgern verfügt (und man ihm Einblick gewährt).
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- Die Ermittlung des Gesamtwerts von Sozialimmobilien setzt gute betriebswirtschaftliche Kenntnisse auf Ebene des Sachverständigen voraus.
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- Vielfältige Bewertungskriterien machen aus der Bewertung eine Teamaufgabe.
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- S&M verfügt über ein entsprechendes Experten-Team.
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- Die Bewertung entsprechender Immobilien erfordert neben besonderem Fachwissen auch ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen um Störungen zu vermeiden.
Herzlichen Dank für Ihr Interesse!
Ralf Klein